Mikrokredite / Mikrofinanzierung
Ein Gastbeitrag von Philipp Pfäfflin, Oikocredit
Was haben wir aus der Bankenkrise und der jetzigen Wirtschaftskrise eigentlich gelernt? Vielleicht, dass Geldanlagen à la Lehmann Brothers und isländischer Kaupthing-Bank nicht gerade sinnvoll sind.
Hohe Rendite war lange Zeit das einzige Kriterium
Egal wie sicher das Geld angelegt war und was damit finanziert wurde.
Jetzt – auch dank der Krise – profitieren viele ethisch-soziale Geldinstitute, die mehr bieten als nur die Verheißung aufs schnelle, große Geld. Zum Beispiel Oikocredit, eine Entwicklungsgenossenschaft. Wer dort Geld anlegt, wird bei 2 % jährlicher Rendite zwar nicht reich, aber er weiß, was mit seinem Geld gemacht wird. Es wird Menschen vor allem in Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt, die sonst keinen Zugang zu Geld hätten. Mit den erhaltenen Kleinkrediten können sie sich selbst eine Verdienstmöglichkeit aufbauen und den Kredit dann wieder abbezahlen.
Grundidee
Eine Geldanlage, bei der man weiß,
was mit dem Geld passiert
Beispiel Philippinen. Mit einem über Oikocredit finanzierten Kredit kann die auch in Deutschland bekannte Preda-Stiftung Bio-Mangos anbauen, die einerseits auf dem dortigen Markt, andererseits über Weltläden, hier zum Beispiel getrocknet oder als Frucht-Soße, verkauft werden. Ein Geschäft, das auf langfristige Geschäftsbeziehungen setzt und das nachweislich Menschen den Weg aus Hunger, Armut und Kriminalität ermöglicht hat.
Beispiel Afrika: Ein Bankkredit ist ein Menschenrecht – das könnte man zumindest meinen. Doch zum Teil werden Kredite vergeben, die nichts mit unserer Vorstellung eines Bankdarlehens zu tun haben. So müssen Sollzinsen von teilweise mehreren Hundert Prozent im Jahr gezahlt werden, die zu einem Teufelskreis aus immer höheren Schulden und noch höheren Zinsen führen. Anders bei den Partnerorganisationen von Oikocredit. Diese geben Darlehen, wenn dahinter ein erfolgsversprechendes Geschäftsmodell steht. Doch damit nicht genug. Sie beraten, unterstützen und begleiten die Projekte. Entsprechend hoch ist die Rückzahlungsquote: Mehr als 90 Prozent – ein Wert von dem hiesige Banken wohl oft nur träumen können.
Anlegen statt spenden
Kleinkredite allein können das weltweite Armuts- und Hungerproblem nicht lösen. Aber sie sind ein Schritt dahin. Vor allem im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen. Dazu kommt: Anders als bei Spenden können sich bei Krediten Geldgeber und Geldnehmer auf gleicher Augenhöhe begegnen. Als weltweit-agierende Genossenschaft vergibt Oikocredit keine Kleinkredite direkt, sondern arbeitet mit regionalen Mikrofinanzinstitutionen zusammen. Der Vorteil: Diese sind näher dran und kön-nen damit gezielter Kleinkredite vergeben. Zudem gibt Oikocredit größere Darlehen an Produktionsgenossenschaften wie das Beispiel Philippinen zeigt. Hier bekommt die im süddeutschen Ravensburg ansässige Fairhandelsorganisation dwp einen Kredit, mit dem der Handel mit der Preda-Stiftung aufgebaut werden konnte.
„Spenden machen müde, Kredite fördern die Eigeninitiative“ Prof. Muhammad Yunus
Der Wirtschaftsexperte aus Bangladesh hat für seine Arbeit mit Kleinkrediten im Jahr 2006 den Friedensnobelpreis bekommen. Oikocredit arbeitet nach ähnlichen Kriterien wie der Nobelpreisträger und kann auf ebenfalls mehr als 30 Jahre Erfahrung zurückblicken. Insbesondere Privatpersonen, aber auch Kirchengemeinden und Unternehmen legen bei der Kreditgenossenschaft ihr Geld an. Mit mehr als 360 Millionen Euro ist Oikocredit einer der weltweit größten privaten Financiers von Kleinkrediten. Rund 40 Prozent des Anlagekapitals kommen aus Deutschland.
Websites
- Grameen Bank - Bank for the Poor von Muhammad Yunus
- Yunus Interview & ZEIT-Artikel - Schlecht regulierte indische Mikrokredite in der Kritik