Bewegung global - nextGEN in der Schweiz
11 Juli 2013
SchweibenalpLinda Ntshinga kann ihren Augen kaum trauen - so viel Wasser, so viele Bäume... die junge Frau aus Zimbabwe ist eine von 350 Menschen aus über 50 Ländern aller Kontinente, die sich gerade auf einer schweizer Alp treffen. Sie sind Teil von GEN, dem "Global Ecovillage Network", das weltweit traditionelle und neue Gemeinschaften verbindet, nachhaltige Lebensweisen erforscht und sie immer stärker in die Gesellschaft trägt.
2013 findet zum ersten Mal parallel zur GEN Conference ein einwöchiges Treffen von nextGEN statt, der Jugendinitiative der Bewegung. nextGEN gibt es als lose Gruppierung seit einiger Zeit, jetzt möchte sie eine eigene Identität entwickeln und eine starke Gemeinschaft werden. Als von Ideen³ darf ich diesen Prozess begleiten.
In den letzten Monaten hat mein mich üblicherweise tragender Optimismus unter der Flut negativer Nachrichten aus aller Welt schwer gelitten. Die Arbeit mit nextGEN, vor allem der intensive Dialog mit leidenschaftlich und professionell engagierten jungen Menschen aus allen Kontinenten hat mir so viel Mut und Hoffnung gegeben wie lange nichts mehr. Daher möchte ich einige Eindrücke teilen und versuchen, die Inspiration weiterzugeben. Alle hier vorgestellten Menschen sind unter 30 Jahren alt.
Asien
Aom aus Thailand hat vor wenigen Jahren alleine angefangen, nextGEN Oceania & Asia aufzubauen. Mittlerweile hat sie in 7 asiatischen Ländern "Ecovillage Design Education" angeboten: hier eine für sich sprechende Ausschreibung für einen Kurs in Chiang Mai, Thailand.
Neue Ökodörfer gründen? In Asien gibt es Millionen traditioneller Dörfer, die aus Mangel an Perspektiven aussterben. Aom bringt Alt und Jung in Dialog und unterstützt alte Dörfer dabei, eine neue, lebendige Kultur und ökonomische Lösungen zu finden, um gut und glücklich auf dem Dorf zu leben.
Nordamerika
Nick aus Kanada ist Teil des Valhalla Movements (nein, nicht annähernd rechts...), einer in Kanada, den USA und anderen Ländern unglaublich schnell wachsenden Bewegung, die einen nachhaltigen, gemeinschaftlichen Lebensstil zum Mainstream machen möchte. Im Kernteam der Bewegung finden sich u.a. ein ehemaliger Chef-Lobbyist, ein Investment-Spezialist und der Gründer des viel beachteten Blogs "High Existence" zusammen - und heizen mächtig ein! Via Crowdfunding finanzieren sie u.a. sogenannte "Earthships", Gebäude, die Nahrungsmittel, Energie und Wärme selbst produzieren. Ich bin unsagbar fasziniert von der Verbindung aus Idealismus, Pragmatismus, Lebensfreude und Professionalität, die hier aufeinandertreffen.
"Valhalla is a movement hell-bent on making sustainable communal living mainstream. Together we will create the beautiful world our hearts tell us is possible."
Lateinamerika
Persönlich am meisten berührt hat mich Letícia aus Brasilien! Sie ist Mitbegründerin von Común Tierra und C.A.S.A.. Sie reist seit Jahren durch ganz Südamerika und besucht, dokumentiert und verbindet Nachhaltigkeitsinitiativen unterschiedlicher Hintergründe miteinander. Eines ihrer Projekte ist der kontinentale Austausch von altem Saatgut, um Kleinbauern ihre Existenzgrundlage zu bewahren und die Artenvielfalt zu schützen. Sie berichtet von hunderten Projekten und Gemeinschaften, sie zeigt, wie viel Bewegung bereits existiert und wie gut indigene Völker, Kleinbauern, Ökodörfer und andere Initiativen mittlerweile vernetzt sind. Im folgenden Video geht es um "Eco Caravans", die durch den Kontinent reisen, um Ideen, Kunst - und eben Saatgut - auszutauschen und zur Lebendigkeit beitragen. Englische Untertitel lassen sich anschalten, weitere Videos gibt es hier.
Afrika
Der Prozess, mit all diesen Menschen, ihren Träumen und Visionen, eine Gemeinschaft zu bilden und für nextGEN klare, kraftvolle Werte, eine gemeinsame Vision und Wege zur weiteren Vernetzung untereinander und Kommunikation nach außen zu gestalten, ist alles andere als einfach! Das Ziel eines Lebens in "luxoriöser Einfachheit" eint alle hier, ein gutes Leben ohne die Zerstörung der Grundlage dessen, darauf kann die Gruppe sich schnell einigen. Die kulturellen und regionalen Unterschiede und die sich daraus ergebenden Ziele, sind jedoch bedeutsam. Linda aus Zimbabwe weißt immer wieder auf die Dringlichkeit zum Handeln in Afrika hin: Zimbabwe wird immer trockener, die letzten Wälter schwinden, und wo einst blühende Landschaften die Menschen ausgewogen ernährten, herrscht heute Monokultur. Zimbabwe war bis vor wenigen Jahrzehnten der "Brotkorb" des südlichen Afrikas, heute wird vorwiegend Mais für den Export angebaut. Die meisten Menschen essen dreimal täglich Mais, bei Kindern führt dies zu schwerwiegenden Mangelerscheinungen. Bei aller Sorge um die kommenden Generationen - Lösungen müssen jetzt her! Linda stellt sie vor: eine davon heißt SCOPE ("Schools and Colleges Permaculture Education"). Schulen verfügen im südlichen Afrika in der Regel über einige Hektar Land. Diese sind meistens verdorrt und wenig fruchtbar. SCOPE bildet die SchülerInnen darin aus, dieses Land mittels Permakultur, einer modernen, biologischen Landbaumethode, innerhalb weniger Jahre in eine fruchtbare, essbare Landschaft zu verwandeln. Das gelernte Wissen können die SchülerInnen auch zuhause anwenden und so aktiv gegen Mangelernährung, Armut und Landverrodung vorgehen.
Solution LibraryViele weitere Lösungen finden sich in der neuen "Solution Library", die von sechs islamischen Frauen aus afrikanischen und arabischen Ländern ins Leben gerufen wurde. Soraya aus Ägypten ist Teil von nextGEN und war eine der Entwicklerinnen. Unter den Kategorien "Social", "Ecology", "Economy", "Culture" und "Holistic" gibt es dort bereits eine Fülle sowohl traditioneller als auch innovativer Ideen für ein nachhaltiges Leben. Jede/r kann Ideen hinzufügen und Erfahrungen mit bestehenden Lösungen teilen.
Europa
Ein Beispiel für in Europa existierende Projekte ist der Ort, an dem die GEN-Conference stattfindet: die Schweibenalp ist das größte alpine Permakultur-Projekt der Schweiz. Die Zeitschrift "OYA"stellt netterweise in ihrer aktuellen Ausgabe die Schweibenalp vor - so muss ich dazu nicht viel schreiben. Zwischen dem kristallklaren Brienzer See und schneebedeckten Gipfeln sind in dieser Woche 350 Menschen zusammengekommen.
Bei "Ecovillage" denkt man vielleicht zunächst an etwas weltfremde und träumerische Hard-Core-Ökos.
Ich treffe hier Menschen, die Kopf, Herz und Hand auf eine beeindruckende Art und Weise miteinander verbunden haben, die ihre Träume leben und mir den Glauben an meine eigenen Visionen wiedergegeben haben. GEN hat beratenden Status bei der UN. Verstecken tut sich hier niemand mehr.
Ich bin dankbar, mit Ideen³ einen kleinen Beitrag zur Entwicklung von nextGEN zu leisten und freue mich darauf, mit Dir und mit Dir und mit Dir ein Leben in luxoriöser Einfachheit zu leben - und es Anderen zu ermöglichen.
Was ist eigentlich nochmal meine Vision?
Ich freue mich über Reaktionen und Antworten und bin unter dfm@ideenhochdrei.org erreichbar.
Viele Grüße,